Zigarren, Rum und ein weisses Dach

Halb 10 Uhr morgens, einige Kilometer vor der Grenze zu Nicaragua. Der Highway wird immer schlechter und bald ist er nicht mal mehr asphaltiert. Eine durchlöcherte Schotterpiste führt uns die letzten Meter bis an die Grenze zu Nicaragua. Innert kürzester Zeit haben wir die Ausreise aus Honduras hinter uns und stehen vor einer eisernen Schranke. Der Eingang zum Grenzareal Nicaraguas.

Ein junger Beamter (er sieht aus wie 15) teilt uns in forschem Ton mit, dass er unsere Pässe haben will. Er verschwindet mit unseren Pässen und kommt einige Minuten später zurück und öffnet uns das Tor. Wir sollen reinfahren. Dann ignoriert er uns für eine Weile. Als wir dann nachfragen, was nun mit unseren Pässen sei, meint er, dass er noch Fahrzeugpapiere und Führerausweis braucht. An jeder normalen Grenze brauchen sie davon Kopien und so geben wir ihm auch gleich die Kopien. Er verschwindet wieder. 15 Minuten später taucht er denn wieder auf und fragt uns, ob das denn das Original sei. Natürlich nicht, er hätte ja auch nicht danach gefragt, sagen wir und werden von ihm ausgelacht. Er verschwindet wieder mit den Originalen. Was für ein arroganter Typ!

Das ganze Spiel geht einige Male so weiter. Er braucht wieder was von uns und verschwindet. Zwischendurch kommen dann mal paar Polizisten, die Lenny durchsuchen. Insgesamt 5-mal wird Manuel gefragt, wo wir denn die Drohne versteckt hätten. Dann wieder ewiges Warten. Immer wieder fragen wir nach, was wir machen sollen, ob sie noch weitere Infos von uns brauchen. Wir werden immer vertröstet, dass wir einfach warten sollen. Zum Glück wimmelt es an der Grenze von LKW-Fahrern, die das Spiel schon x-Mal hinter sich haben. Denn erst als die LKW-Fahrer uns sagen, wir sollen da hinten zum Büro gehen und unsere Dokumente abholen, meinen auch die Grenzbeamten wir sollen das tun. Der ganze Grenzübergang ist ein Riesenwitz. Irgendwann ist dann auch Mittagspause und es scheint, als wäre Pizzaparty im Büro. Beamte mit Pizzastücken voller Ketchup sitzen vor den Computern und tropfen die Tastaturen voll. Die meisten sind aber nicht so motiviert zu arbeiten, sondern schauen sich Videos auf Youtube an, während die Warteschlange mit ungeduldigen LKW-Fahrern immer länger wird.

Als wir dann endlich mal ein Dokument erhalten, werden wir zum Scanner geschickt. Das Fahrzeug wird gescannt um verbotene Gegenstände wie Drohne, Nachtsichtgerät oder Drogen aufzuspüren. Klar, machen wir. Wir haben nichts zu verstecken. Die Resultate des Scanners liessen dann wieder gut eine halbe Stunde auf sich warten, da derjenige der die Scans auswertet wohl in der Mittagspause ist. Irgendwann kommt ein weiterer Beamter mit einem Ausdruck von Lenny. Ein sehr schlechter schwarz-weisser Ausdruck mit einigen eingekreisten Flächen. Völlig willkürlich, denn die Flächen sind einfach irgendwelche Grautöne, zu erkennen ist nichts. Der Beamte sucht dann zwei Polizisten, die unser Fahrzeug erneut durchsuchen sollen, eben da wo die Kreise sind. Die Polizisten findet er irgendwann 15 Minuten später. Natürlich durchsuchen sie wieder alles, aber nicht wirklich gemäss dem Scann, sondern willkürlich einige Fächer. Besonders interessiert hat sie unsere Toilette, die wollten sie sogar fotografieren. Nach der Durchsuchung warten wir wieder eine halbe Ewigkeit. Irgendwann reicht es uns und wir gehen nachfragen. Die Beamtin meinte nur, sie warte noch auf die Ergebnisse der Durchsuchung. WTF?! Manuel, etwas gereizt, sucht den Beamten, der die Durchsuchung gemacht hat. Er verweist Manuel wieder an die Beamtin, die auf die Resultate wartet. Wir warten ab jetzt provokant vor dem Fenster, versperren den auch genervten LKW-Fahrern den Weg und schauen der Beamtin in die Augen, um etwas Druck zu machen. Keine 2 Minuten später hat sie dann unsere Sachen ready und endlich, haben wir alle Dokumente, die wir brauchen. Jetzt müssen wir auf der anderen Seite des Grenzpostens nur noch rausgelassen werden. Eine Versicherung wollen sie uns dann noch andrehen, unsere bestehende sei nicht gültig. Doch wir sind vorbereitet und zeigen ihnen den Absatz im Versicherungsvertrag, der besagt welche Länder die Versicherung beinhaltet. Sichtlich genervt uns nicht noch Geld aus der Tasche gezogen zu haben, öffnen sie die Schranke und wir sind frei!

Wir sind in Nicaragua. Wir können es kaum glauben. Und es hat «nur» 3.5 Stunden gedauert, bis wir durch waren. 4 Stunden wäre so der Durchschnitt. Trotzdem sind wir genervt und der erste Eindruck des Landes fällt leider nicht sehr positiv aus…

Wir fahren heute nicht mehr weit. Im ersten grösseren Ort Ocotal fahren wir zu einem Restaurant, wo wir für die Nacht parken und übernachten können. Perfekt, dass es ein Restaurant ist, denn wir haben Durst und brauchen ein Bier. Ein grosses Bier! Dazu gönnen wir uns eine Familienpizza 🙂

Die Grenze hat genervt, wir hatten aber ein grosses (oder einfach paar kleine) Bier und haben uns wieder etwas abgeregt. Jetzt wollen wir das Land erkunden. Wir fahren nach Estelí. Die Stadt ist bekannt für die Zigarrenproduktion. Wir besuchen die A.J. Fernandez Zigarrenfabrik und fragen am Empfang nach, ob wir die Produktion besichtigen dürfen. Mario, ein Angestellter, führt uns durch die Fabrik. Der Besuch ist sehr interessant, denn die Fabrik ist riesig. An diesem Standort werden täglich über 50’000 Zigarren mit verschiedenen Tabaksorten und Rollverfahren gerollt. Die Tabakblätter werden in einem komplizierten Verfahren gesäubert und über 2 Jahre lang fermentiert. Die finalen Zigarren werden vor unseren Augen gerollt, krass wie schnell die das machen! Am Schluss des Rundganges kriegen wir je 2 Zigarren, die heute produziert wurden mit auf den Weg. Manuel freut sich schon eine mit einem feinen Glas Rum zu probieren.

Das war auch schon das Stichwort zum nächsten Produkt, für welches Nicaragua bekannt ist. RUM. Flor de Caña ist eine der bekanntesten nicaraguanischen Destillerien, die den Schnaps aus Rohrzucker herstellen. Wir machen einen Abstecher zur Fabrik. Der Besuch der Destillerie ist, im Vergleich zur Zigarrenfabrik, aber nicht wirklich zu empfehlen. Gleich zu Beginn kriegen wir ein Glas Rum eingeschenkt und mit auf den Weg. Dann besuchten wir die Lagerhalle, sehen wie sie die Fässer für die Lagerung vorbereiten und dürfen einen kurzen Film über die Firmengeschichte schauen. Wie das Getränk hergestellt wird, wird uns weder erklärt noch gezeigt. Dafür dürfen wir nochmals 2 Gläser degustieren und natürlich den Souvenirladen besuchen. Wir würden nicht nochmals gehen.

Auf dem Weg zurück setzte dann das schlechte Wetter ein. Es regnet und windet, was das Zeug hält. Vor uns auf der Strasse liegen Bäume quer über die Fahrbahn und uns wird es zu gefährlich. Wir fahren rechts raus und sitzen das Gewitter aus.

Nach einer misslungenen Suche nach einem Schlafplatz irgendwo an Rande des Telica Vulkans brechen wir die Übung ab. Wir sind 7 Kilometer auf einer sehr schlechten Strasse, sozusagen im Bachbett hochgefahren und finden zwar den Spot. Doch die Einfahrt, um dahinzufahren ist unauffindbar. Zudem setzt auch der Wind wieder ein und bei Regen diese Strasse wieder runterzufahren… das wollen wir uns und Lenny nicht antun. Wir fahren runter und kaum unten setzt auch schon wieder der Regen ein. Wir entscheiden uns heute einen Tag früher als geplant nach León zu fahren.

In León gibt es nicht viel schlaue Plätze, um im Fahrzeug zu übernachten. Zudem ist es so heiss, wir entscheiden uns für wenig Geld ein Hotel zu buchen. Hier treffen wir auch alte Bekannte wieder. Heinz ist da und Will und Ruks die wir auf Utila kennengelernt haben sind mittlerweile auch hier angekommen. Wir treffen uns auf ein paar Bier und «Nica Libres» (Rum & Coke) und stürzen fast ein bisschen ab. Für den nächsten Morgen haben wir wieder abgemacht. Wir wollen auf eine kostenlose (bezahlt wird mit Trinkgeld) Stadttour. Die Tour ist wirklich cool. Unser Guide führt uns quer durch die Stadt und erzählt uns viel über die Geschichte der Stadt und des Landes. Dabei lässt er auch die unschönen Wahrheiten nicht aus und getraut sich gar die aktuelle Politik und den Diktator etwas zu kritisieren.

Ein weiteres Highlight in León ist die Kathedrale. Zum Sonnenuntergang soll diese besonders schön sein. Die Kathedrale ist bekannt für das weisse Dach. Man darf barfuss auf das Dach und die Aussicht geniessen. Leider schaffen wir es nicht für den Sonnenuntergang, denn am ersten Tag regnet es in Strömen und am zweiten auch. Halb so schlimm finden wir und gehen am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein. Zumindest wollten wir das. Als wir dann oben sind ziehen die Wolken auf. Aber auch das ist halb so schlimm, schön ist es trotzdem. Es scheint als hat die Regenzeit nun wirklich begonnen. Die Tage sind zwar meist sehr schön, gegen den späteren Nachmittag beginnt es aber jeweils stark zu regnen.

Keine halbe Stunde von León befindet sich die Pazifikküste. Wir machen einen kurzen Abstecher an den Strand und schlafen im Garten eines Hostels. Wir geniessen die Meeresluft und den Pool. Die Wellen sind nämlich etwas zu gross zum Baden. Trotzdem geniessen wir unseren Aufenthalt am Meer in vollen Zügen und lernen tatsächlich noch Schweizer kennen, die wir bis jetzt noch nie getroffen haben. Die Berner Olivia und Chris mit ihrer Hündin Cali sind auch schon seit über einem Jahr von Mexiko nach Süden unterwegs. Zusammen mit Ihnen lassen wir den Abend in einer gemütlichen Strandbar ausklingen und freuen uns morgen wieder ins Landesinnere zu fahren.

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