Versteckte Ruinen und verschwundene Flüsse

Uns wurde gesagt, dass wir etwa zwei Stunden für die Grenze einplanen sollen. Die Grenze von Belize nach Guatemala soll relativ einfach und keine grosse Herausforderung sein. Und so ist es dann auch. Nachdem wir auf der belizianischen Seite noch all unser Kleingeld in Softdrinks und Snacks umgetauscht haben, reisen wir aus Belize aus und fahren zum zweiten Grenzhäuschen. Nach weniger als einer Dreiviertelstunde haben wir den Stempel in unseren Pässen und die Einfuhrbewilligung für Lenny in der Tasche. Wir sind in Guatemala und dürfen losfahren.

Im Grenzort wollen wir gleich alles erledigen. Tanken, Wasser füllen und Nahrungsmittel einkaufen. Es ist nämlich der erste und sogleich der letzte grössere Ort mit Einkaufsmöglichkeit vor unserem ersten Stopp. Wir steuern heute Tikal an. Die nächste Mayastätte und zugleich eine der bedeutendsten und bekanntesten der Welt. Tikal ist bekannt für seine besondere Architektur und die Lage inmitten des Dschungels. In Tikal darf man auf dem Fussballfeld neben dem Eingang campen und so hat man die Möglichkeit die Ruinen früh morgens zu besuchen ohne hunderte andere Besucher.

Wir richten unser Schlafplatz auf dem Fussballfeld ein und bekommen gleich darauf Besuch von Einheimischen. 5 Nasenbären schlendern über das Feld und springen vor uns auf die Bäume. Es scheint, als sei der Schlafplatz der Bären direkt in den Bäumen über Lenny.

Um 6 Uhr morgens öffnen die Tore Tikals. Deshalb klingelt unser Wecker bereits um 5:30 Uhr und nervt uns aus den Federn. Manuel würde am liebsten einfach liegen bleiben, doch uns erwarten wunderschöne und mystische Ruinen. So wurde es uns jedenfalls schmackhaft gemacht. Pünktlich um 6 Uhr sind wir die ersten Besucher von heute und spazieren durch den Dschungel zur Gran Plaza. Der Dschungel ist menschenleer und die Vögel erwachen langsam. Der ganze Dschungel erwacht immer mehr und in der Ferne hören wir die ersten Brüllaffen. Über dem Dschungel liegt dichter Nebel, der für eine sehr mystische Stimmung sorgt. Es ist wunderschön doch immer mehr Personen erreichen die grossen Pyramiden und schon bald sind wir nicht mehr allein.

Wir gehen zu einer der berühmtesten Pyramiden der Stadt, welche man hochsteigen kann. Von hier sieht man weit über den Dschungel zu den anderen hohen Tempeln. Doch aktuell ist es noch so neblig, dass wir nichts ausser ein paar Bäumen wenige Meter vor unseren Augen sehen. Wir warten, und warten, und warten. Die meisten Leute geben auf und spazieren schon weiter, doch wir warten weiter und werden von mehreren Tukanen besucht. Wenig später dringen auch die ersten Sonnenstrahlen durch den Nebel und nach einer weiteren Viertelstunde stehen wir auf der höchsten Pyramide, bei strahlendblauem Himmel und sehen in der Ferne die anderen Tempel.

Wir laufen die weiteren Tempel der Mayastadt ab, doch es wird immer heisser. Gegen Mittag wird es uns dann definitiv zu heiss. Wir verabschieden uns von Tikal und fahren langsam raus aus dem Dschungel. Und mit langsam meinen wir wirklich langsam, denn hier gilt Tempolimit 45 und die Polizei steht hier mit Stoppuhr. Wenn du für die 17 Kilometer zu wenig Zeit brauchst, gibt es eine Busse. Deshalb nehmen wir es gemütlich und sind auf Ausschau für Jaguare. Leider erfolglos.

Flores ist die nächstgrössere Stadt und der Ausgangsort für Tikal. Hier gibt es endlich auch mal wieder gute, grosse Supermärkte und Tankstellen mit sauberem Diesel. Wir füllen auf was es aufzufüllen gibt, kaufen uns eine guatemaltekische Sim-Karte und suchen uns einen Schlafplatz. Auf einem Parkplatz vor der Badi und dem Polizeiposten werden wir fündig und schlafen hier zwei Nächte. Die Altstadt von Flores liegt auf einer Insel auf dem Lago Petén-Itza. Durch heftige Regenfälle vor ungefähr 10 Jahren ist jedoch der Wasserspiegel so stark gestiegen, dass die Strasse entlang des Ufers unter Wasser liegt.

Bevor wir den Norden von Guatemala verlassen und uns in Richtung Süden begeben, schlafen wir noch eine letzte Nacht unweit von Flores in einem Park der sowohl Naherholungsgebiet als auch Bauernhof ist. Rund um Lenny grasen Schafe und Pferde und im Teich daneben tummeln sich Gänse.

Für unsere nächste Strecke von nur gut 250 Kilometern brauchen wir ca. 7-8 Stunden. Zum einen, weil die Strasse in schlechtem Zustand ist, zum anderen, weil die Strasse sehr kurvig und steil ist. Zudem fehlt eine Brücke. Ja wirklich, es gibt keine Brücke, es gibt aber Flosse die einen für ein paar Quetzal über den Fluss transportieren.

Da die Strecke anstrengend zu fahren ist, entscheiden wir nach etwas mehr als der Hälfte einen Platz zum Schlafen zu suchen. Den finden wir an einem kleinen Bach der perfekt für eine Abkühlung ist. Morgen wollen wir die restlichen 90 Kilometer fahren. Gemäss Google benötigt man dafür gute 3 Stunden, dank der Erfahrung von anderen Reisenden wissen wir aber, dass es auch schnell mal 6 Stunden sein können, wenn man denn überhaupt erst durchkommt. Denn die Strasse ist schlechter als schlecht und zudem gibt es da auch immer wieder Raubüberfälle. Aus diesem Grund entscheiden wir uns für den Umweg via Coban, einer grösseren Stadt. Wir fahren so zwar fast das Doppelte an Distanz, brauchen aber einiges weniger an Zeit und Nerven.

Wir erreichen Lanquin, den Ausgangsort für Semuc Champey, wo wir auf dem Parkplatz einer Höhle übernachten. Eigentlich sind wir hier im Ort, um Semuc Champey zu besuchen, doch die Fahrt dorthin ist nicht ganz so einfach. Die Strasse ist nochmals um einiges schlechter als alles andere, was wir schon gesehen haben. Wir wollen uns und vor allem Lenny das nicht antun und machen es wie so ziemlich alle Touristen, wir nehmen das Collectivo. Collectivos sind hier Pickups, die ihre Ladefläche vollstopfen. Sei es mit Touristen, Einheimischen oder Waren. Und so kommt es, dass wir für die nächsten zwei Stunden mit 15 anderen Personen, kiloweise Mehl, literweise Coca-Cola und gefühlt einer Tonne Chips, die die Einheimischen auf dem Markt gekauft haben, auf der Ladefläche eines Pickups stehen. Die Fahrt nach Semuc Champey dauert normalerweise 30 Minuten, heute brauchen sie aber 2 Stunden. Doch die wilde Fahrt über die (nur teilweise vorhandene) Piste lohnt sich, auch wenn wir sicher den einen oder anderen blauen Flecken davontragen werden.

Semuc Champey bedeutet «Ort, wo sich der Fluss unter den Steinen versteckt». Und genau das ist es, was Semuc ausmacht. Der wilde Fluss, der von den Bergen runterdonnert, verschwindet hier im Untergrund. Etwa 200 Meter weiter unten fliesst das Wasser wieder aus dem Felsen und bildet einen breiten Fluss, der talabwärts fliesst. Über dem unterirdischen Fluss haben sich über die Jahre Pools gebildet. Perfekt für eine Abkühlung bei den heissen Temperaturen. Als erstes wollen wir aber auf den Aussichtspunkt. Von hier aus hat man eine perfekte Sicht auf den Fluss und die darüberliegenden Pools. Es ist sauheiss und Steffi schwitzt sich den Allerwertesten ab. Ja, Manuel auch, aber der jammert nicht so, deshalb erwähnen wir hier nur Steffi 😊

In den Pools gönnen wir uns dann eine Abkühlung und geniessen den Nachmittag im Wasser. Uns graut es jetzt schon vor der Fahrt mit dem Sammeltaxi-Pickup zurück nach Lanquin. Doch die Fahrt zurück ist dann halb so wild, denn es sind keine Waren mehr dabei und zudem auch nur halb so viele Leute wie am Morgen.

Etwa eine Stunde müssen wir die Strasse von Lanquin dann wieder retour fahren, denn Semuc Champey liegt eigentlich nicht ganz auf der Strecke. Zurück in Coban besuchen wir etwas ausserhalb eine Kaffeefarm. Die Kooperative Chicoj besteht aus etwa 150 Kleinbauern, die sich zusammengetan haben und so unter einem Namen ihren organischen Kaffee produzieren und vertreiben. Wir machen hier eine Tour mit einer Angestellten durch die Plantage und natürlich gibt es am Ende eine Degustation des lokal produzierten Kaffees. Nicht schlecht, aber unserer Meinung nach etwas zu schwach. Wir mögen unseren Kaffee gerne etwas stärker. Im Garten der Kooperative dürfen wir auch übernachten, direkt neben der Kaffeeplantage.

Wir sind nun gut eine Woche in Guatemala und haben uns durch die Tage und die Nächte geschwitzt. Hier in Coban herrscht endlich mal ein angenehmes Klima. Wir frieren fast schon ein bizzli, obwohl es noch weit über 20 Grad warm ist 😊

Morgen gibt es wieder einen langen Tag zwar mit nur wenigen Kilometern, aber vielen Stunden im Auto. Wir steuern Chichicastenango (und damit einer der grössten und farbigsten Märkte Guatemalas) an. Oder vielleicht sollte uns dann noch was dazwischen kommen…

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