«It’s just pretty» in the Rockies

Nur wenige Kilometer nach Hinton, unserem letzten Übernachtungsplatz liegt das Tor zu den Rocky Mountains, jedenfalls wenn man so wie wir vom Nordosten kommt, der Jasper Nationalpark. Das Wetter ist immer noch durchzogen, etwas Sonne, dann wieder etwas Regen und dazu immer ein eisiger Wind. Wir lassen deshalb das Städtchen Jasper noch etwas warten und biegen ab, in Richtung Miette Hot Springs. Diese heissen Mineralquellen sind die heissesten der kanadischen Rockies. Das Wasser wird gar auf 40° runtergekühlt, damit es einigermassen angenehm ist. Perfekt in diesem Wetter.

Für ein paar Dollar kann man die heissen Pools und den eiskalten mit Gletscherwasser gefüllten Pool geniessen. Obwohl der Genuss schon eher bei den heissen Pools liegt. Das warme Wasser ist uns fast zu warm, dank des Wetters geniessen wir es aber in vollen Zügen. Jedenfalls bis eine Sirene ertönt und die Bademeister alle Gäste zum sofortigen Verlassen der Pools auffordern. Angeblich ist es ein Chlorgas Alarm, der jedoch schnell behoben sein wird und wir sollen ein paar Minuten in den Umkleiden warten. Keine 10 Minuten später gibt es Entwarnung und wir können wieder in die wärmenden Pools.

Jasper Downtown ist ein kleines Städtchen am Rande der 3000 Meter hohen Gipfel. Ein typischer Bergort der Ausgangspunkt für Wanderer, Kletterer, Skifahrer oder sonstige Outdooraktivitäten ist. Wir informieren uns im Visitor Center über den Park und befinden uns tatsächlich mal in einem Nationalpark, in dem fast alles offen ist. Yeahh! 😊 Wir übernachten in Jasper und planen die nächsten Tage.

Der Icefields Parkway ist die bekannteste Strasse die von Jasper aus, 200 Kilometer über das Columbia Icefield nach Banff führt. Wir fahren diese in mehreren Etappen. Der erste Vormittag ist gespickt mit wunderschönen Aussichtspunkten, sehr touristischen Wasserfällen und sonstigen Foto-Stopps.

Am Nachmittag machen wir eine kurze Wanderung. Kurz war sie geplant, etwas länger wurde sie dann. Die «Valley of 5 Lakes» Wanderung führt an 5 Seen vorbei, nahe am Highway aber mit atemberaubender Sicht auf die Berge und natürlich die 5 Bergseen. Nach einigen Kilometern kommen uns asiatische Touristen entgegen und warnten uns «carefull, bear!». Okey, das wird schon gehen denken wir uns und laufen trotzdem etwas weiter. Als dann auch die Kanadier vor uns kehrt machen und uns vor den zwei Grizzlybären, Mama mit Babybär, warnen. Kehren wir auch um. Wir versuchen die Rundwanderung von der anderen Seite her zu machen, mit der Hoffnung, dass sich die Bären verziehen. Fehlanzeige! Nach etwa einer Stunde kommt uns beim 4. See eine Familie entgegen und fragt uns, ob wir Bärenspray dabeihaben, da vorne seien zwei Bären auf dem Weg. Claro haben wir dabei, steht ja auch überall, dass man nicht ohne wandern soll… Aber die Bären sind auf dem Weg… hmm sollen wir nicht besser zurück? Es kommen immer mehr Wanderer dazu und Manuel sieht dann die Bären unten am See. Mittlerweile in guter Distanz zum Weg.

Mit uns als Schutzschild getraut sich die indische Familie sowie zwei Franzosen dann ebenfalls weiter den Weg entlang. In sicherer Distanz beobachteten wir den Grizzly und sein Junges (gemäss Hobby-Biologin Steffi aber schon ca. 2-jährig) wie sie unten am See die frischen Blätter der Sträucher geniessen. Sehr cool, unsere ersten Grizzlies und dann sogar noch beim Wandern! Etwas mulmig war uns dabei aber schon 😊

Für die restlichen Stunden des Tages (zum Glück sind die Tage hier so lang 😉), verlassen wir den Icefields Parkway und fahren in ein parallel verlaufendes Tal, das Maligne Valley. Der Maligne River schlängelt sich von ganz hinten im Tal, vom Maligne Lake, durchs Tal und bildet am Ende einen über 50 Meter tiefen Canyon, über den mehrere Fussgängerbrücken führen. Wir fahren weiter ins Tal rein, durch dichten Wald, gefolgt von schwarzen Baumstämmen, Überbleibsel eines Waldbrandes, rund um den Medicine Lake. Beim Medicine Lake gibt es eine Bald Eagle Nursery – ein Brutgebiet für Weisskopfseeadler. Wir haben Glück und sehen von weitem ein Adlerweibchen auf dem Nest. Ein zweiter Adler, wohl das Männchen, kreist seine Runden darüber. Das Weibchen macht sogar eine Brutpause und fliegt in unsere Richtung. Da platziert es sich direkt vor unseren Augen auf einem Baum. Super fotogen und überhaupt nicht kamerascheu. Kurz darauf werden wir von einem Pfeifen gestört. Manuel nimmt es gar nicht war, Steffi hingegen ist aus dem Häuschen. Sie erblickt auf dem Felsen neben uns einen Pfeifhasen. So einen Hasen zu Gesicht zu bekommen, haben wir nicht erwartet.

Beim Maligne Lake ganz hinten im Tal angekommen, hat es noch ziemlich viel Schnee. Obwohl uns von zwei Deutschen abgeraten wird, «wis sis shoes you wont make it!», wollen wir trotzdem eine kleine Wanderung machen. Wir haben übrigens Trekking Schuhe an, also nicht wie viele Touristen nur Turnschuhe. Durch den Matsch, Eis und über Schneefelder laufen wir zum Moose Lake. Wie es der Name sagt, hat man da grosse Chancen Elche zu sehen – leider nicht heute.

Auf der Fahrt zurück zum Campground stoppen vor uns ein paar Autos. Ein Amerikaner steigt aus, springt über die Strasse und fotografiert wie wild. Wir sehen nichts. Auf unsere Frage, was er denn gesehen hat antwortet ehr nur «Nothing, it’s just pretty! The lake and the mountains, you know». Ja klar, und deshalb halten hier so viele Autos an. Er fährt weg, wir schauen noch etwas genauer ins Tal runter und da bewegt sich das «Nothing». Ein Elch, ein sehr grosser Elch. Gefolgt von zwei kleinen Babys! Wirklich pretty! 😊 Zurück in Jasper entzünden wir unser Lagerfeuer, trinken ein wohlverdientes «Jasper The Bear Pale Ale» und geniessen die endlich mal nicht zu kalte «Sommer»-Nacht.

Wir werden von Sonnenstrahlen geweckt und machen uns bereit für den zweiten Teil des Icefields Parkways. Bevor wir losfahren, schauen wir noch eine Weile den Wapiti-Hirschen zu, die sich hier auf dem Campground sehr wohl fühlen. Angeblich werden momentan viele Jungtiere geboren und oft mitten auf dem Campingplatz.

Wir fahren auf dem Icefields Parkway bis auf den Pass, das Columbia Icefield, welches mehrere Gletscher umfasst. Der Athabasca Gletscher ist der einzige Gletscher, welcher einfach zugänglich ist und wir machen uns auf den Weg diesen vom Gletscherrand aus anzusehen. Es ist wirklich sehr kalt hier oben, aber zum Glück haben wir ja auch Winterkleider dabei. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen und Manuel zieht das erste Mal seit Halifax wieder lange Hosen an 😊

Es ist erschreckend, wie weit der Gletscher in den letzten hundert Jahren geschmolzen ist. Dies wird anhand von Markierungen entlang des Weges verdeutlicht. Im Columbia Icefield Center, dem Besucher-Center auf der Passhöhe, gibt es zudem eine interessante Ausstellung darüber.

Wir wollen nun, nach all dem Sightseeing noch etwas aktiv werden und den Parker Ridge Trail wandern. Dieser ist offen, aber normalerweise bis im Juni schneebedeckt. Da wir dieses Jahr aber einen ziemlich schlechten Sommer erwischen und es noch vor wenigen Tagen geschneit hat, ist er noch sehr fest schneebedeckt. Die Spuren im Schnee sagen uns aber, wir sind nicht die Ersten und wandern los. Dank den Spuren ist dies anfangs auch einfach machbar. Doch die Spuren werden immer weniger und tiefer. Als wir dann knietief im Schnee einsinken, löscht es Steffi ab. Manuel will weiter, wir sind ja fast oben. Doch als wir dann noch Bärenabdrücke und Blutspuren im Schnee entdecken, entscheiden wir uns definitiv umzukehren. Als Bärenmahl wollen wir dann doch nicht enden. Der Ausblick ist auch von hier schon toll und wer weiss, ob es noch besser wird.

Wir verbringen noch eine letzte Nacht im Jasper Nationalpark und morgen geht es dann weiter, in den langersehntem Banff Nationalpark!

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