Grosse, schmale und schöne Canyons

Die Münze hat entschieden und so kommt es, dass wir uns in Richtung Grand Canyon aufmachen. Von Vegas aus fahren wir entlang dem Lake Mead und über den Hover Dam zum südlichen Eingang des Nationalparkes – dem South Rim des Grand Canyons. Ein paar hundert Meter vor der Einfahrt zum Nationalpark fahren wir jedoch links weg, in den Kanab National Forest. Hier im National Forest gibt es kostenlose Campsites, solche die wir schon oft benutzt haben. Perfekt, um von hier aus den Nationalpark zu erkunden, denn bis zur Krete des Canyons sind es keine 10 Minuten Autofahrt.

Entlang der südlichen Krete gibt es einen Wanderweg, der von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt führt. Jeder Stopp übertrumpft den Vorherigen. Wir wissen gar nicht wo wir Fotos machen sollen, denn jeder Blickwinkel ist wieder anders. Trotzdem haben alle etwas gemeinsam: sie sind atemberaubend. Der teilweise über 10 Kilometer breite und bis zu 2 Kilometer tiefe Canyon ist sehr imposant. Nach einigen Kilometern entlang des Rims, nehmen wir den Shuttlebus der die Besucher des Nationalparks von A nach B führt. Uns soll er zurück zu Lenny bringen.

Seit langem wieder einmal stellen wir uns einen frühen Wecker, denn angeblich sollen Sonnenaufgänge im Canyon besonders schön sein. Wir machen uns um 5 Uhr in der Früh auf, fahren in den Nationalpark und entscheiden uns den Sonnenaufgang am Yavapai Point anzusehen. In weiser Voraussicht haben wir uns am Vorabend eine Thermoskanne mit heissem Wasser gefüllt. Den Kaffee haben wir bitter nötig, denn es ist ziemlich kalt. Das ändert sich zum Glück schnell, als die Sonne hinter dem Horizont aufgeht.

Auf dem Parkplatz frühstücken wir nach dem Sonnenaufgang und machen uns bereit für die heute geplante Wanderung. Wir wollen rein bzw. runter in den Canyon. Die Ranger empfehlen ausdrücklich, nur vormittags zu wandern, denn die Temperaturen können ins Unermessliche steigen. Zudem ist Wasser im Canyon nur an wenigen Orten verfügbar. Das Wichtigste aber, was viele unterschätzen, man muss zum Unterschied zu vielen anderen Wanderungen zuerst nach unten gehen und der anstrengende Aufstieg steht einem erst am Ende bevor. Wir marschieren vor 8 Uhr los und sind wenig später beim 1.5 Mile-House und dann beim 3 Mile-House Toiletten-Stopp. Hier wird empfohlen sich auf den Rückweg zu machen, denn der Aufstieg dauert gut doppelt so lange wie der Abstieg. Für uns reicht es noch nicht und wir gehen noch weiter runter. Der Indian Garden, eine kleine grünen Oase im Canyon bei etwa 7.5 Kilometern und 900 Höhenmetern, ist eigentlich der Punkt, an dem wir unsere Umkehr geplant hätten. Da es aber noch früh ist und wir schliesslich «wandererprobte Schweizer» sind, entscheiden wir uns auch die weiteren gut 3 Kilometer bis zum Plateau Point unter die Füsse zu nehmen. Zum Glück! Denn die Aussicht vom Plateau Point ist nochmals eine Liga höher als die Aussicht vom Rim des Canyons. Wir befinden uns mitten im Canyon, hinter uns liegen die gut 1000 Meter hohen Klippen des Canyons, vor uns geht es nochmals 400 Meter in die Tiefe. Von hier sehen und hören wir auch den Colorado River durch den Canyon fliessen und sich stetig weiter ins Gestein hineingraben.

Der Aufstieg hat es dann in sich. Es geht rauf, und rauf, und nochmals rauf. Zum Glück haben wir bereits herbstliche Temperaturen von maximal 25°C und etwas Wolken die immer wieder willkommenen Schatten spenden. Auf den letzten Metern kühlen uns ausserdem noch einige wenige Regentropfen ab. Nach 7 Stunden, 22 Kilometern Distanz und über 1000 Höhenmetern kommen wir wieder im Canyon Village auf dem South Rim an. Unser erster Gedanke ist, zum Glück gibt es hier Duschen 😊

Wieder auf demselben Platz im National Forest erreicht uns in der Nacht dann die schon vorangekündigte Regenfront. Es regnet die ganze Nacht durch und wir fliehen am Morgen vor dem Wetter. Wir haben sowieso vor weiterzufahren. Leider sehen wir aber aufgrund des Wetters bei den letzten paar Aussichtspunkten auf der malerischen Fahrt durch den Nationalpark nicht mehr viel vom Canyon. Teilweise hat es sogar Schnee auf der Strasse und wir können uns nur noch an einigen wenigen Aussichtspunkten von der angenehmen Wärme im Auto in die Kälte zwingen.

Weiter geht es nach Page. Eine Kleinstadt nahe der Grenze von Arizona und Utah. Hier gibt es einiges zu sehen. Highlight Nummer 1 dieses Ortes sind die berühmten Slot Canyons. Der Antelope Canyon ist wohl der bekannteste von ihnen. Wir versuchen hier noch Tickets zu erhalten, aber das ist praktisch aussichtslos. Der Canyon wird von den Navajo First Nation verwaltet und es sind nur limitierte Tickets pro Tag erhältlich. Ausserdem kostet es auch saumässig viel. Wir besuchen deshalb erstmal das Highlight Nummer 2 der Stadt, den Horseshoe Bend. Der Colorado River, welcher auch durch den Grand Canyon fliesst, hat auch hier die Landschaft beeinflusst. Beim Horseshoe Bend hat sich der Fluss hufeisenförmig in den Sandstein gefressen. Die senkrecht abfallenden Felswände erreichen Tiefen von bis zu 300 Metern. Der Ort ist berüchtigt für waghalsige Fotoposen – Manuels Beine schlottern jetzt noch nur schon beim Gedanken daran.

Highlight Nummer 3 von Page ist der Lake Powell. Ein Stausee der zum Baden, Wakeboarden, Campen, Fischen, oder was man auch sonst noch so an einem See macht einlädt. Wir wollen baden und dabei vor allem die Dusche am Strand nutzen. Wir lassen es aber sein mit baden, obwohl es heiss ist und eine Abkühlung willkommen wäre. Der See sieht irgendwie doch nicht so anmächelig aus. Uns gefällts nicht so, die Dusche nutzen wir aber trotzdem gerne.

Zurück in Page wollen wir ein von Steffi schon vor sechs Jahren gefeiertes Restaurant auschecken. Big Johns Texas BBQ befindet sich in einer ehemaligen Tankstelle und hier gibt es wohl weit und breit das beste Fleisch aus dem Smoker. Das Ambiente hier ist einfach toll und die Live Musik von der Cowboy & Indianer Band (die Band heisst wirklich so) macht das ganze richtig authentisch.

Wir haben Glück und konnten uns zwei der letzten Tickets für den nächsten Tag in einem Slot Canyon ergattern. Zwar nicht im Upper Antelope Canyon (dem berühmtesten und angeblich schönsten) sondern im Antelope X, einem etwas kleineren und noch nicht so bekannten, aber dennoch genau so schönen Slot Canyon. Diesen Canyon zu beschreiben ist sehr schwer, so was Schönes sieht man nicht alle Tage. Deshalb schaut euch doch einfach die Bilder an 😊 Wir haben das Glück, dass unsere Führerin eine ältere Frau aus der Navajo First Nation ist und einiges an Geschichten und Erfahrung mit uns teilen kann. Wir lernen diverse Sträucher kennen, mit welchen man so gut wie jedes Bobo heilen kann.

Das Monument Valley liegt nicht direkt auf unserer Route, deshalb fahren wir ab Page einen zweistündigen Umweg. Etwas vor dem Monument Valley befindet sich ausserdem noch das Navajo National Monument. Ihr merkt, hier dreht sich vieles um die Navajos. Einer der grössten First Nation Stämme der USA ist in diesem Gebiet beheimatet. Beim Navajo National Monument gibt es diverse kleine Wanderungen rein in einen Canyon, in welchem noch die jahrhundertealten Lehmbauten der ersten Einwohner dieses Gebietes stehen. Ausserdem gibt es hier einen Campground, komplett ausgerüstet mit richtigen Toiletten und Wasseranschluss, was uns erstaunt, er ist kostenlos. Es gibt hier in den USA sehr viele kostenlose Campgrounds, diese sind dann jedoch meistens ohne oder mit nur sehr geringer Infrastruktur. Wir können es kaum glauben und geniessen auf dem wunderschönen Campingplatz zwei Nächte mit unglaublichen Sonnenuntergängen. Wohl nicht ohne Grund heisst der Campground «Sunset View». Nebst uns scheint der Campground einige Europäer anzuziehen. Wir lernen hier Karl aus Spiez kennen, eine Schweizer Familie auf Amerika-Reise sowie Silke und Stefan aus Deutschland, die uns einige Tipps für den südlichen Teil der Panamericana mit auf dem Weg geben.

Am nächsten Tag fahren wir weiter ins Monument Valley. Schon von weitem sind die imposanten Felsen (auch genannt Mesa, Butte oder Spire) sichtbar. Die drei Namen bekommen sie je nach Status des Zerfalles. Ein noch intakter «Berg» ist ein Mesa (Tisch auf Spanisch). Sobald dieser etwas zerbröckelt, wird es ein Butte. Sind nur noch einige Spitzen davon übrig, dann nennt man die Spitzen  Spires. Im Monument Valley gibt es einen 27 Kilometer langen Scenic Drive, den man mit dem Privatauto fahren darf und quer durchs Tal zwischen den Buttes und Mesas hindurchführt. Von 4×4 oder hoher Bodenfreiheit war keine Rede… wäre aber schon von Vorteil, merken wir dann etwa bei Kilometer 10. Wir fahren durch ein Flussbett, auf einer ausgewaschenen Strasse und sandigem Gelände. Doch Lenny schlägt sich tapfer, er hat ja mittlerweile sowieso schon das Gefühl er sei mindestens ein Allrad-Fahrzeug. Bis auf ein paar wenige Stellen meistern wir die Piste problemlos. Und bei diesen paar wenigen Stellen heisst es einfach Augen zu, Gas geben und durch.

Die Gegend hier gefällt uns super gut und es hat so viele tolle Übernachtungsplätze. Wir hoffen fest, dass es auf unserer geplanten Route die nächsten Wochen so weitergeht.

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