Auf dem schlafenden Riesen

Die erste Woche im Spanischunterricht ist durch, Manuels Zahnprovisorium ist drin – wir gönnen uns eine Abwechslung. Wir besteigen den Vulkan Acatenango und sein Zwillingsvulkan den Fuego.

Der Acatenango ist mit seinen 3’976 Metern Höhe einer der höchsten Schichtvulkanen Mittelamerikas. Der Acatenango schläft seit 1972 und ist mit seinem Zwillingsvulkan dem Volcán de Fuego «zusammengewachsen». Der Fuego oder Feuervulkan, wie er übersetzt heisst, ist noch sehr aktiv und deshalb ein Touristenmagnet. Der Vulkan liegt 20 Kilometer südwestlich von Antigua und grössere Ausbrüche sind selten… doch natürlich nicht wenn wir da sind! Vor wenigen Tagen gab es eine grosse Eruption. Bekannt ist der Vulkan vor allem für seine kleinen Ausbrüche. Jede Stunde bricht er normalerweise mehrmals aus und das Lava-Spektakel kann vom gegenüberliegenden Acatenango beobachtet werden. Zudem kann man noch näher an die Lava ran und bis zu einer gewissen Höhe auf den Fuego wandern. So viel zur Theorie, kommen wir zu unserem Erlebnis.

Zusammen mit Michaela, Peter, Heinz und Kay haben wir uns eine Tour gebucht. Um 10 Uhr morgens geht es in La Soledad, einem kleinen Dorf am Fusse des Acatenangos, los. Wir wandern durch Mais und Bohnenfelder und erreichen bald den Wald an den Hängen des Vulkans. Der Wanderweg geht schön gleichmässig immer steil bergauf. Es ist saumässig steil und der lose, staubige Boden macht es nicht viel besser. Dank unseren supertollen Wanderstöcken, die wir uns nach dem Vulkan in Mexiko gekauft haben, spazieren wir den Pfad hoch wie junge Bibeli (also ja halt wie über 30-Jährige «junge Bibeli». Mehr braucht man dazu wohl nicht mehr zu sagen). Wir starten bei 2’400 Metern über Meer und erreichen nach 5 Stunden und 6.5 Kilometern Distanz das Basecamp. Dieses liegt, auf einer Höhe von 3’700 m ü. M., an der westlichen Seite des Acatenangos. Hier verbringen wir die eisig kalte Nacht und haben einen wunderschönen Blick auf den Fuego der hoffentlich bald Lava spuckt.

Nach einer 30-minütigen Pause fragen die Guides, ob noch jemand rüber auf den Fuego will. Hin und zurück sind das weitere 6 Kilometer und zusätzliche 800 Höhenmeter. Die Wahnsinnigen Manuel, Peter und Heinz gehen mit. Zum Sonnenuntergang sollten sie auf dem Fuego sein und ein Lavaspektakel erleben können. Und so laufen sie los. Auf dem Fuego angekommen verfluchen sie sich, wieso sie das gemacht haben. Der Weg ist hart. Nochmals steiler und schlechter als schon der Weg rauf auf den Acatenango. Und oben angekommen windet es, was das Zeug hält. Der Wind bläst zudem Asche und Staub umher und es ist so richtig unangenehm. Als wäre das nicht genug, ist zudem der Vulkan Fuego leer. Er hat am Donnerstag wohl zu viel Lava rausgespuckt und muss sich zuerst wieder füllen. Wir sehen zwar ein bisschen Lava auf dem Gipfel, aber leider keine spuckende Lava oder Lavaströme, die den Hang runterfliessen.

In der Dunkelheit geht es den steilen Pfad wieder runter und auf der anderen Seite wieder hoch. Um 9 Uhr abends kommen die Herren wieder im Basecamp an und Steffi und Michaela begrüssen sie am Lagerfeuer mit einem Schnäpsli und dem Znacht. Alle anderen der Gruppe schlafen schon in ihren Zelten. Jetzt heisst es auch für uns nur noch ab ins Bett. Die 10 Stunden wandern und über 2’000 Höhenmeter hatten es in sich.

Um 4 Uhr morgens stehen wir wieder auf. Es ist Zeit für den Sonnenaufgang. Anscheinend hat hier oben fast niemand ein Auge zugetan, es war laut, windig, kalt und die Luft ist dünn. Wirklich niemand hat geschlafen, ausser einer Ausnahme: Kay, der mit den Guides noch allen Schnaps leergetrunken hat 😊

Vom Basecamp geht es noch etwas über 200 Höhenmeter hoch auf den Gipfel, um die Sonne beim Erwachen zu beobachten. Auf fast 4’000 m ü. M. ist es eisig kalt, dafür ist der Sonnenaufgang umso schöner. Als Manuel zum Fotografieren verschwunden ist und Steffi ihn in der Menschenmasse sucht, findet sie plötzlich alte Bekannte. «Wa maaaaachsch» schreit sie Fabienne in die Ohren (fragt uns nicht wieso, das ist so ein Insiderjoke) 😊 Die Southpolebears sind heute auch auf den Berg gekrakselt, jedoch ohne Tour auf eigene Faust.

Zurück im Basecamp gibt es Frühstück. Da ist tatsächlich früh morgens Einer mit frischen, warmen Pancakes den Vulkan hochgelaufen. Wie geil oder auch wie bekloppt ist denn das 😊

Die Wanderung hoch war anstrengend aber unserer Meinung nach gar nicht so schlimm. Doch denselben Weg nun wieder runter, das hat es in sich. Wieder einmal sind wir richtig froh um unsere Wanderstöcke und wir glauben, wir werden nie mehr ohne diese wandern gehen 😊

Die Wanderung auf den Acatenango wurde uns von vielen Leuten als besonders schwer und super anstrengend beschrieben. Aber ganz ehrlich, wir fanden es halb so schlimm. Wir haben uns zumindest bereits entschieden, dass wir die Wanderung nochmals machen wollen. In einigen Tagen, wenn der Vulkan sich wieder etwas erholt hat. Und natürlich nur unter Bedingung, dass auch das Wetter mitspielt.

Gegen Mittag sind wir zurück in Antigua und wollen nur noch eins: Essen! Wir haben Kohldampf und wollen zusammen mit dem ganzen Team noch was essen gehen. Wir entscheiden uns für Burger und Bier. Perfekt um das Wochenende ausklingen zu lassen, denn morgen ist wieder Montag und der Alltag ruft. Zurück ins Klassenzimmer… beziehungsweise in den Klassengarten!

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